Warum werden städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in Mönchengladbach durchgeführt?
Der Gesetzgeber ermöglicht den Kommunen, sogenannte städtebauliche Sanierungsmaßnahmen umzusetzen, wenn eine Stadt „städtebauliche Missstände“ in einzelnen Bereichen ihres Stadtgebietes feststellt. Bei den „städtebaulichen Missständen“ wird zwischen Substanz- und Funktionsschwächen unterschieden.
Behebung „städtebaulicher Missstände“ gem. § 136 BauGB
- Substanzschwächen: Gebiet und Bebauung entsprechen nicht mehr den allg. Anforderungen an gesunde Arbeits- und Wohnverhältnisse. Die städtebaulichen Missstände müssen sich auf das gesamte Gebiet beziehen und haben dadurch ein städtebauliches Gewicht.
• Beispiele: schlechter baulicher Zustand, fehlende Dämmung, 100% versiegelte Grundstücke, fehlende Instandsetzung und/oder Modernisierung der Gebäude, und mehr….
- Funktionsschwächen: Gebiet ist in der Erfüllung seiner Aufgaben, die ihm nach Lage und Funktion obliegen, erheblich beeinträchtigt.
• Beispiel: hoher Leerstand, Konzentration von problematischen Immobilien, fehlende Grünflächen, Gestaltungsdefizite im öffentlichen Raum, Defizite in der sozialen Struktur, fehlende Aufenthaltsmöglichkeiten, und mehr….
Warum machen wir das aktuell in Gladbach und Rheydt?
Die Stadt Mönchengladbach hat unterschiedliche Quartiere unter die Lupe genommen, um hier eingreifen und die städtebaulichen Missstände beheben zu können.
Die Aufwertung des öffentlichen Raumes erfolgte bereits in den letzten Jahren über Programme der Städtebauförderung wie z.B. Soziale Stadt Rheydt oder Soziale Stadt Gladbach & Westend. Jedoch blieben Aufwertungen von privaten Gebäuden und Flächen größtenteils aus. Wegen veränderter Rahmenbedingungen und Handlungserfordernissen, wird eine ganzheitliche Betrachtung und ein passendes Konzept benötigt (Stichwort Leerstand). Aktuell gibt es keine anderen Möglichkeiten, die Missstände, vor allem im privaten Eigentum, anderweitig zu beheben.
Ziel ist die Behebung städtebaulicher Missstände zur wesentlichen Verbesserung des Gebietes.
Vorbereitende Untersuchungen sind darüber hinaus eine der (neuen) Voraussetzungen, um künftig weiterhin Fördermittel der Städtebauförderung zu akquirieren. Diese sollen vor allem zur Unterstützung privater Eigentümer*innen dienen.
Wie laufen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen ab?
- Abgrenzung eines Untersuchungsraumes
- Beschluss des Stadtrates zur Durchführung Vorbereitender Untersuchungen mit anschließender öffentlicher Bekanntmachung
- Vorbereitende Untersuchungen (Dauer ca. 15 Monate) durch i.d.R. externe Büros
- Erhebung von Daten und Bewertung des Untersuchungsraumes durch Auskunft und Beteiligung der Eigentümer*innen und Mieter*innen/Pächter*innen, Begehungen sowie Aufarbeitung und Auswertung vorhandenen Daten
- Definition von Sanierungszielen und Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele
- Ergebnis gibt Auskunft ob Vorrausetzung erfüllt sind für ein Sanierungsgebiet
- Wenn Voraussetzungen erfüllt sind:
- Förmliche Festlegung eines Sanierungsgebietes durch Satzungsbeschluss inkl. der zuvor definierten Sanierungsziele und Maßnahmen
- Durchführung: Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen und fortführende Konkretisierung der Ziele – Zeitschiene 15 Jahre (ab Ratsbeschluss zu den vorbereitenden Untersuchungen)
Sind alle Sanierungsgebiete gleich?
Grundsätzlich unterscheiden sich alle Sanierungsgebiete und die jeweiligen Sanierungsziele auf Grundlage der vorhandenen Missstände. Die Sanierungsziele sind ein Produkt der Vorbereitenden Untersuchungen und werden individuell für jedes Sanierungsgebiet formuliert.
Außerdem können Sanierungsverfahren im „umfassenden Verfahren“ oder „vereinfachten Verfahren“ durchgeführt werden (siehe hierzu Welches Sanierungsverfahren wird angewandt und worin liegen die Unterschiede?)
Was passiert in einem Sanierungsgebiet?
Als Sanierungsgebiet gilt laut BauGB ein fest umrissenes Gebiet, in dem eine Gemeinde auf Grundlage des besonderen Städtebaurechts gemäß § 136 ff BauGB Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen durchführt. Die rechtliche Grundlage für ein Sanierungsgebiet ist eine förmliche Sanierungssatzung gemäß § 142 BauGB.
Die städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen werden durchgeführt, um städtebauliche Missstände und/oder funktionelle Schwächen zu beheben, wesentlich zu verbessern oder umzugestalten. Die Sanierungsmaßnahmen lassen sich in Ordnungsmaßnahmen und Baumaßnahmen untergliedern.
Entsprechend dem besonderen Städtebaurechts gelten für die Kommune, aber auch für die Eigentümer*innen besondere Rechte.
Kommune:
Die Kommune erhält ein zeitlich und räumlich begrenztes Sonderrecht, um die Sanierungsziele im Sinne des Allgemeinwohls zügig zu erreichen.
- als Satzung für Eigentümer*innen verbindlich
- Genehmigungsvorbehalte bei bestimmten Vorhaben und Rechtsvorgängen zur
Steuerung der städtebaulichen Entwicklung und Verhinderung von Fehlentwicklungen
- besondere sanierungsrechtliche Vorschriften
- Abschöpfung von Bodenwertsteigerungen
- Anwendung des Vorkaufsrechts möglich um Grunderwerb zu tätigen und gemeinwohlorientierte Bestandsentwicklung vorzunehmen
Eigentümer*in:
- steuerliche Vergünstigungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gem. § 7 h, § 10 f und § 11a Einkommensteuergesetzes (EStG).
- Vorteil für die Eigentümer: Sicherheit bei eigenen Investitionen, da „nachbarliche“ Fehlentwicklungen seitens der Kommune unterbunden werden (können)
Was sind Ordnungsmaßnahmen?
- Bodenordnung = Regelung der Eigentumsverhältnisse von Grund und Boden und deren Neuordnung.
- Umlegung = gesetzlich geregeltes Grundstückstauschverfahren zur Arrondierung und Schaffung von nutzbaren Grundstücksparzellen
- Umzug von Bewohnern und Betrieben
- Freilegung von Grundstücken
- Herstellung und Änderung von Erschließungsanlagen
Die Gemeinde darf die Ordnungsmaßnahmen ganz oder teilweise auch dem Eigentümer überlassen.
Was sind Baumaßnahmen?
- Modernisierung = Verbesserung des Zustandes und Gebrauchswerts einer baulichen Anlage
- Instandsetzung = Wiedererstellung eines früher vorhandenen Zustandes einer baulichen Anlage
Welches Sanierungsverfahren wird angewandt und worin liegen die Unterschiede?
Die vorbereitenden Untersuchungen geben Auskunft darüber, wie sich die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen auf die Bodenwerte auswirken werden. Folgende Kriterien spielen bei der Verfahrenswahl die ausschlaggebende Rolle:
- Prognose einer nicht nur unerheblichen Bodenwertsteigerung in Folge der Sanierung
- Erforderlichkeit von bodenordnenden Maßnahmen, die mit Grunderwerb verbunden sind
- Dämpfung von unerwünschter Bodenspekulation, die sanierungsbedingte Nutzungen behindert.
Wenn auch nur eins der drei genannten Kriterien zu erwarten ist, ist die Kommune verpflichtet, das sogenannte „umfassende Verfahren“ („Regelverfahren“) durchzuführen.
Wenn keines der drei oben genannten Kriterien zu erwarten ist, dann empfiehlt sich die Durchführung eines „vereinfachten Verfahren“.
Umfassendes Verfahren | Vereinfachtes Verfahren |
unter Anwendung der §§ 152 bis 156a BauGB, d.h. | unter Ausschluss der §§ 152 bis 156a BauGB, d.h. |
Eintragung des Sanierungsvermerks im Grundbuch (§ 143 Abs. 2 BauGB) | Ausschluss der Genehmigungsvorbehalte möglich: |
• für alle baulichen Vorhaben (§ 144 Abs.1 BauGB) und • alle Rechtsvorgänge (§ 144 Abs. 2 BauGB) | • insgesamt oder • nur von § 144 Abs. 1 BauGB oder § 144 Abs. 2 BauGB • bei Ausschluss von § 144 Abs. 2 BauGB keine Eintragung des Sanierungsvermerk |
Besondere sanierungsrechtlichen Vorschriften (§§ 152 bis 156a BauGB): | Keine Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften möglich |
Erhebung von Ausgleichbeiträgen (§154 BauGB) inkl. der damit verbundenen Sonderregelungen zur Preisgestaltung, Preisprüfung und Entschädigung beim An- und Verkauf oder Eigentümerwechsel von Grundstücken | Veränderungssperre und Rückstellung von Baugesuchen bleibt anwendbar |
Keine Abschöpfung sanierungsbedingter Bodenwerterhöhungen | |
Erhebung von Erschließungs- oder Ausbaubeiträgen nach BauGB / KAG |
Was sind Genehmigungsvorbehalte nach § 144 und 145 BauGB?
In einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet bedürfen folgende Maßnahmen der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde:
- Veräußerung von Grundstücken und Bestellung von Erbbaurechten
- Bestellung von grundstücksbelastenden Rechten
- Begründung, Änderung oder Aufhebung einer Baulast
- Teilung eines Grundstücks
- Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen
- Beseitigung baulicher Anlagen
- Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken
Wen betreffen Sanierungsmaßnahmen?
Die Sanierungsziele und Maßnahmen betreffen grundsätzlich jede*n Eigentümer*in innerhalb des Sanierungsgebietes. Der Fokus liegt dabei jedoch auf den Gebäuden und Grundstücken, die einen deutlichen Sanierungsrückstau aufweisen, d.h. Missstände aufzeigen, die nicht den Sanierungszielen entsprechen.
Eigentümer*innen, die ihre Immobilien/Grundstücke bereits entsprechend der Sanierungsziele in Stand halten/aufgewertet haben, sind dann betroffen, wenn es durch die Sanierungsmaßnahmen zu Bodenwertsteigerungen kommt (betrifft jedoch nur Sanierungsgebiete im Regel-/Vollverfahren). Denn dann sind Ausgleichbeträge zu zahlen.
Was sind Ausgleichsbeträge?
Ausgleichsbeträge § 154 BauGB
Grundstückseigentümer müssen zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld entrichten, welcher der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts ihres Grundstücks entspricht.
Die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks besteht aus der Differenz zwischen dem:
- Anfangswert: Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre,
- Endwert: Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt.
Was passiert, wenn die Sanierungskosten den Mehrwert, den meine Immobilie durch die Sanierung erfährt, übersteigen?
Es kann passieren, dass sich nach der Sanierung und einem dadurch gestiegenen Immobilienwert die Kosten für Modernisierung / Instandsetzung nicht mit dem gestiegenen Mehrwert decken. Diese Kosten nennt man dann „unrentierliche Kosten“ und der entstandene finanzielle Nachteil des Eigentümers/der Eigentümerin muss dann durch die Gemeinde ausgeglichen werden. Als Eigentümer*in hat man dann einen Anspruch auf einen Kostenerstattungsbetrag gemäß § 177 BauGB.
Nach § 164a Absatz 3 BauGB können Städtebauförderungsmittel für diese unrentierlichen Kosten eingesetzt werden. Dies wird per Modernisierungsvertrag zwischen Gemeinde und Eigentümer*in vertraglich geregelt.
Werde ich enteignet, wenn ich nichts tue?
Die Durchführbarkeit einer Enteignung ist unter § 85 ff BauGB geregelt. Die Voraussetzungen für eine Enteignung sind gemäß § 87 BauGB nur dann gegeben:
- wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann
- wenn die Stadt sich vorher ernsthaft um freihändigen Erwerb bemüht hat.
Kommt es zu einer Enteignung ist die Kommune verpflichtet eine Entschädigung zu leisten (§ 93 BauGB).
Die Enteignung ist jedoch kein Rechtsmittel, das die Stadt Mönchengladbach aktuell in Betracht zieht. Nur in äußerst schwerwiegenden Fällen wäre dieses Instrument in Erwägung zu ziehen. Diese liegen nach derzeitigen Erkenntnissen nicht vor.
Was ist ein Vorkaufsrecht?
Das Baugesetzbuch (BauGB) unterscheidet zwischen dem Allgemeinen Vorkaufsrecht (§24) und dem Besonderen Vorkaufsrecht (§ 25).
Allgemeines Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB:
Das Allgemeine Vorkaufsrecht besteht für die Gemeinde u.A. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, im Umlegungsgebiet, in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet…
Darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.
Das Vorkaufsrecht nach § 25 BauGB ist ein Satzungsvorkaufsrecht und wurde per Satzung für die Gebiete der vorbereitenden Untersuchungen in Rheydt und Gladbach (sowohl für das Gebiet Obere Hindenburgstraße / Waldhausener Straße als auch für das nördliche Bahnhofsumfeld) per Satzung erlassen.
Was ist eine Abwendungsvereinbarung?
Eine Abwendungsvereinbarung wird üblicherweise zwischen einem Grundstückskäufer und der Gemeinde notariell geschlossen.
Die Vereinbarung regelt die Beachtung der Sanierungsziele beim Umbau / der Sanierung durch den Grundstückskäufer, im Gegenzug verzichtet die Gemeinde auf das gesetzlich zustehende Vorkaufsrecht.
Diese Vereinbarung wird im Zuge der Nichtausübung des besonderen Vorkaufsrechts getroffen und regelt die Einhaltung verbindlicher Qualitätsstandards und Verpflichtung der Grundstückskäufer an die städtischen Sanierungsziele. Abwendungsvereinbarungen enthalten Fristen zur Stellung von Bauanträgen, Anzeigen des Baubeginns, Erstellung des Rohbaus, Fertigstellung des gesamten Vorhabens bis zur Nutzungsaufnahme binnen bestimmter Frist.
Abwendungsvereinbarungen enthalten üblicherweise Vertragsstrafen für den Fall von nicht vertragsgemäßer Erfüllung.
Was habe ich als Eigentümer*in einer Immobilie in einem Sanierungsgebiet für Vorteile?
Die vom Eigentümer*innen zu tragenden rentierlichen Kosten für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, also der nicht geförderte Anteil, können im Sanierungsgebiet steuerlich erhöht abgesetzt werden.
Voraussetzungen: Vor Beginn der Baumaßnahme muss ein Modernisierungs- und Instandhaltungsvertrag zwischen Eigentümer*in und Gemeinde geschlossen werden oder ein Modernisierungs- und Instandhaltungsgebot seitens der Gemeinde gegenüber dem/der Eigentümer*in ausgesprochen werden.
Hinweis: Eine Steuerberatung seitens der Gemeinde wird hiermit ausdrücklich nicht übernommen, informieren Sie sich bitte bei Ihrem Steuerberater zu Ihren individuellen Abschreibungsmöglichkeiten.
Wer sind meine Ansprechpartner zur Entwicklung meiner Immobilie im Sanierungsgebiet?
Im Sanierungsgebiet Obere Hindenburgstraße / Waldhausener Straße stehen Ihnen das Team des Quartiersmanagements und der Quartiersarchitekt neben den städtischen Ansprechpartnern zum Sanierungsrecht als kompetente Partner zur Seite. Im Sanierungsgebiet Rheydt stehen Ihnen die städtischen Ansprechpartner zum Sanierungsrecht zur Seite und vermitteln gerne Kontakte zu kompetenten Architekten. Zudem soll in allen Gebieten jeweils ein Sanierungsträger beauftragt werden.